Wiedertäufer in Bäretswil

Armin Sierszyn informiert über die Gedenktafeln zur Täuferhöhle und den Wiedertäufern
Armin Sierszyn informiert über die Gedenktafeln

Bereits 1527, kurz nach der Reformation von Zwingli, bildete sich in Zürich ein Kreis von Gläubigen unter Konrad Grebel, Felix Manz und Jörg Blaurock, alles gebildete Leute und Freunde von Zwingli, die die Bibel sehr konsequent auslegten, die Kindertaufe ablehnten und sich als Erwachsene nochmals taufen liessen. Von ihren Gegnern wurden sie «Wiedertäufer» genannt, verfolgt und in der Limmat ertränkt.

2003, knapp 500 Jahre nach der Reformation, gibt es in Bäretswil eine Versöhnungsfeier mit Wiedertäufern und 2006 werden in der Chappelen unterhalb der Täuferhöhle zwei Gedenktafel erstellt.

Tafel 1: Die Täuferhöhle zu Bäretswil

«Hier, im Holenstein, vereinen sich der Heerentobel-Bach und der Holensteintobel-Bach zur jungen Aa. Der Weg zur Täuferhöhle [5] führt über die Flur, genannt Chappelen. Im Bereich der Scheune stand im Mittelalter ein Pfarrhof (Widum). Der Heerentobel-Bach erinnert noch an den einstigen Pfarr-Heern. Im oberen Teil der Chappelen-Wiese erhob sich bis 1525 eine mittelalterliche Kirche samt Turm [3]. Die Ruinen dienten später als Steinbruch. Wappenswil, das 1541 vier Häuser aufweist, hatte also seine eigene Kirche, von einem Grundherrn gestiftet. Auch in Kleinbäretswil, Adetswil, Saland und Ringwil standen vor 1000 Jahren frühe Kirchen. Erst als um 1200 die heutigen Pfarrgemeinden mit ihren Grenzen entstanden, sanken sie zu Kapellen herab oder wurden aufgehoben.

Oben im Fehrenwald auf über 1000 Metern Höhe lebte von 1300 bis 1525 eine Gemeinschaft frommer Frauen in ihrem Klösterchen [6]. Man nannte sie Beginen oder Schwestern. Durch Weben, Kerzenmachen und Krankenpflege bestritten sie ihren bescheidenen Lebensunterhalt. Im nahen Frauenbrünneli [7] schöpften sie ihr Wasser. 1321 stiftet Meister Walther, der Schmied von Beroltswile, eine Wiese für dieses höchstgelegene Schwesternhaus im Kanton Zürich. In einer Schwestern-Gemeinschaft im Dienste Christi arm zu werden, war eine Form der frühen Frauen-Emanzipation.

Um 1830 fand man tief im Innern der Höhle eingehauene Nischen, Messer, Gabeln, Löffel, Fingerhüte, bemalte Kacheln. Der Bäretswiler Pfarrer spricht 1750 abschätzig vom «Täuferloch». Wahrscheinlich versteckten hier die Girenbader Bauern auch den Täuferführer Felix Manz. Trotz intensivster Suche fanden ihn die Häscher nicht, bis er verraten wurde. Bauersleute und Grundherren, Pfarrer, Kaplane, Totengräber und Messdiener, Klosterfrauen, Wiedertäufer und Häscher – sie alle betraten diese einsamen Wege aus ganz verschiedenen Motiven. Die textile Manufaktur hob Bäretswil später in den Kranz der zehn beliebtesten Gemeinden des Kantons. 1771 wohnten allein in Wappenswil 450 Personen.»

[1] Standort der Info-Tafeln, Untere Chappelen, 865 m.ü.M.
[2] Friedhof am Herentobelbach, im 19. Jh. teilsweise aufgedeckt, Dimension 15 auf 30 m
[3] Mittelalterliche Kirche mit Turm (bis ca. 1525) und Pfarrhof in der Unteren Chappelen. Der Heerentobelbach erinnert noch an den Pfarrheern
[4] Picknick-Stelle des VVB
[5] Täuferhöhle: Hier fanden nach 1525 verfolgte Täufer, wohl auch Felix Manz, Zuflucht und Schutz
[6] Beginen-(Frauen)Klösterchen im Ferenwalde (ca. 1300 bis 1525), genannt Schwesternhaus
[7] Frauenbrünneli: Hier holten die Klosterfrauen ihr Wasser
[8] Im Schwesternwald

Tafel 2: Die weltweit erste Täufergemeinde

«Anfangs 1525 entsteht in Zürich die weltweit erste Täufergemeinde. Ihre Führer heissen Konrad Grebel, Felix Manz und Jörg Blaurock. Die Männer sind gebildete Freunde des Reformators Ulrich Zwingli, legen aber die Bibel wörtlicher aus. Sie erstreben eine radikale Reformation der Kirche und eine weit reichende Demokratisierung der Gesellschaft. Die Taufe von Kindern halten sie für unbiblisch. Darum lassen sie sich erneut taufen. Ihre Gegner nennen sie «Wiedertäufer». Als fromme Revoluzzer fordern sie mit der Bauernbewegung freie Pfarrwahlen sowie die Abschaffung von Steuern und Lasten.

Im Oberland sympathisieren reiche Bauern und einzelne Pfarrer mit der Bewegung. In den Kirchen von Zollikon, Bäretswil und Hinwil zündeln Täuferführer an der Lunte der Revolution. Pfarrer Brennwald von Hinwil rettet sich vor dem Mob ins Grüninger Schloss. Die Regierung verbietet jegliche Wiedertaufe. Sie befürchtet Revolution, Bürgerkrieg und das Ende der Reformation. Felix Manz hält sich drei lange Wochen im nahen Girenbad vor den Häschern versteckt, vermutlich auch in der Täuferhöhle. Am 5.1.1527 wird er als «Eidbrecher» in Zürich ertränkt. Singend geht er in den Tod. Die Forderungen der Täufer waren revolutionär. Für Europa kamen sie 250 Jahre zu früh.»

«Der Plan zeigt Wohnorte und heimliche Versammlungsplätze der Täufer im 16. Und 17. Jahrhundert. Täufer-Exponenten der ersten Stunde sind Hans Pfenninger, Bader im Girenbad, Uli Kleger, Pilgerwirt in Steg, Jakob Meier von Bliggenswil sowie Marx Bosshart aus Zollikon, ein Bruder des Bäretswiler Burgherrn. Später werden Schmied Hess von Bäretswil, die Peter auf der Strahlegg, ein Teil der Egli von Kleinbäretswil und Färber Spörri in Hinterburg genannt. Mit Spörris Tod fällt 1677 die letzte Stütze der Täufer.»

Literatur

1 - A. Sierszyn: Kirchentag2018.ch. 2018, Die Täuferbewegung im Zürcher Oberland
2 - A. Siersyzn: www.rainham.org. 1944, Neutäuferische Unruhen im Bachtel- und Allmanngebiet
3 - David Kilchör: Zürcher Oberländer. 14. Mai 2010, Den Alttäufern ein Stück Heimat gebracht
4 - Benjamin Kilchör: Zürcher Oberländer. 9. Aug. 2010, Erst versteckt, dann verraten und in der Limmat ertränkt

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