Anno 1408 – Beitritt zur Eidgenossenschaft

Zum Voraus ein paar Präzisierungen

  • Es war kein freiwilliger Anschluss der Herrschaft Grüningen an die Stadt Zürich, die 1351 eidgenössisch geworden war. Das Oberland wurde 1408 erst an Zürich verpfändet und dann verkauft.
  • Das Dorf Bäretswil gehörte zwar zur Herrschaft Grüningen. Adetswil gehörte aber zu Kyburg und die Grafschaft Kyburg wurde erst 1424 eine Vogtei der Stadt.[1] [2]
  • Es dauerte bis zum Ustertag von 1830, bis das Zürcher Oberland ein freier Teil der Eidgenossenschaft wurde.

Zürich und die Brunsche Verfassung von 1336

Mit dem Aussterben der Zähringer wurde Zürich 1218 eine reichsfreie Stadt, was politische Unabhängigkeit und Selbstverwaltung bedeutete. 1336 gab Rudolf Brun der Stadt eine neue Verfassung. Die Handwerker wurden in 13 Zünfte mit je einem Vertreter gegliedert, der Adel und die Kaufleute wurden in der Konstaffel vereint und erhielten ebenfalls 13 Vertreter. Dies kam weitgehend einer Entmachtung des Patriziates (bestehend aus Adel und Kaufleuten) gleich, was zu anhaltender Rivalität führte. Während das Patriziat Unterstützung bei den Habsburgern suchte, verbündeten sich die Zünfte mit den Innerschweizern, was 1351 zum Beitritt der Stadt zur Eidgenossenschaft führte.
Die Konstaffel und speziell die Kaufleute waren bestrebt, Handelswege wie die bedeutende Strecke Basel – Zürich – Bündnerland – Italien zu beherrschen. Die Handwerker-Zünfte interessierten sich mehr für das nähere Umfeld der Stadt, wo sie ihre Produkte absetzen konnten.

Grüningen um 1654. Stich von Matthäus Merian.

Zürich erweitert 1408 sein Hinterland

Die Habsburger waren wegen ihren Kriegen immer wieder in Geldnot. Die Herrschaft Grüningen war um 1400 habsburgisch und von den Brüdern Wilhelm und Hermann Gessler verwaltet (nicht zu verwechseln mit dem mythologischen Gessler im Wilhelm Tell!). Sie verpfändeten 1408 die Herrschaft zum Ärger der Habsburger und gegen den Willen der Grüninger für 8000 Gulden an Zürich.[3] Zürich war auf Expansionskurs. Bereits 1362 hatte es Greifensee als Pfand genommen. Und die Stadt beabsichtigte in keiner Weise, die Pfande je wieder aufzulösen.[4] Für das Zürcher Oberland war das keine Befreiung. Im Gegenteil. Die Gewerbefreiheit wurde massiv eingeschränkt. Die Steuerlast drückte schwer. Der Wunsch zur Rückkehr zu den Österreichern blieb unerfüllt.

Der Alte Zürichkrieg 1440 – 1446

Belagerung von Grüningen 1443

Nach dem Aussterben der Grafen von Toggenburg 1436 entstand ein Streit um das Erbe. Schwyz und Glarus mit der Stadt Zürich um Gebiete vom Zürichsee zum Walensee. Zürich wollte seine Handelswege in die Bündnerpässe Richtung Süden ausbauen. Die Schwyzer erhoben ihre Ansprüche auf diese Gebiete. In dieser Auseinandersetzung eroberten sie die Vogtei Grüningen, was nicht schwierig war, da die Oberländer lieber unter dem bäuerlich ausgerichteten Schwyz als dem aristokratischen Zürich gelebt hätten.[5] In den Friedensverhandlungen von 1441 musste zwar Schwyz die Vogtei Grüningen den Zürchern zurückgeben, konnte aber bei diesem «Grüningerhandel»[6] deren Rechte wesentlich verbessern.
Bürgermeister Stüssi konnte von seinen ehrgeizigen Zielen nicht ablassen und verbündete sich 1442 mit den Habsburgern gegen den Rest der Eidgenossenschaft. Schwyz eroberte ein 2. Mal das Zürcher Oberland und zerstörte diesmal am 14. Januar 1444 auch die Burg Greifenberg. Anschliessende Friedensverhandlungen scheiterten. So wurden die Feindseligkeiten bis 1446 fortgesetzt. Und es dauerte nochmals 4 Jahre, bis 1450 endlich Frieden geschlossen wurde. Grüningen blieb eine Zürcher Vogtei.

Die Bauernunruhen von 1525

Das Wort von der Freiheit der Gotteskinder blieb im Oberland nicht ungehört. Nach dem Überfall auf das Kloster Rüti wäre genügend Geld vorhanden gewesen, um die Herrschaft Grüningen von der Stadt loszukaufen. Da hatte aber die Stadt etwas dagegen.[7] Und den Bauern fehlte Führung und Organisation, um ihre Forderungen durchzusetzen. Schlussendlich liess sich das Land besänftigen – und alles blieb beim alten.[8]

Die Französische Revolution von 1789 und Wilhelm Tell

Goethe-Schiller Denkmal in Weimar

Goethe (*1749) und Schiller (*1759) waren von der französischen Revolution, die sie hautnah erlebten, im Guten wie im Schrecklichen tief beeindruckt. Goethe besuchte in drei Reisen die Schweiz, die ihn in die Innerschweiz, den Gotthard und die hohle Gasse führten, um Material über den Freiheitskampf der Schweizer zu sammeln.[9] Die 3. Reise führte ihn 1797 nach Stäfa und ins Zürcher Oberland. In Wädenswil, Stäfa und anderen Seegemeinden hatten sich Lesegesellschaften gebildet, wo heftig über Revolution und Freiheit diskutiert wurde. Eben waren 1795 in Stäfa Pfenninger und Ryffel als Unruhestifter und Landesverräter von der Zürcher Regierung verhaftet worden.

Bestimmt hat Goethe in Stäfa vom habsburgische Ministerialen Geschlecht der Gessler, das bereits um 1250 im aargauischen Meienberg angesiedelt war und deren Nachkommen Wilhelm und Hermann Gessler 1408 das Grüninger Amt der Stadt verpfändet hatte, gehört[10]. Und es dürfte für ihn naheliegend gewesen sein, diese Gessler mit dem Gessler aus dem «Weissen Buch von Sarnen» von 1470 zu kombinieren. Goethe hat dann aber den Stoff zur Bearbeitung an Schiller weitergegeben, der ihn zum Drama „Wilhelm Tell“ formte.

Die «Befreiung» durch Napoleon 1798

Die Verfassung der Helvetik von 1798 brachte dem Oberland zwar formell die Freiheit. Diese musste aber mit Besetzung, Ausraubung und viel Leid erkauft werden. Nein, das Leben als Vasall Frankreichs war nicht das, was sich das Oberland erhofft hatte. Auch mit dem Rückfall zu alten Zeiten in der Mediation ab 1803 und der Restauration ab 1815 wurde es nicht besser.

Der Ustertag von 1830

Heinrich Gujer, der kluge Müller von Bauma

Am 22. November versammelten sich 10‘000 Männer aus der Landschaft in Uster, um gegenüber der Stadt ihre Rechte einzufordern. Angeführt vom besonnenen und «klugen Müller» Heinrich Gujer von Bauma wurde der Druck auf die Stadt nun zu gross. Im Ustermemorial wurden die Forderungen der Stadt übergeben und bereits im März 1831 trat die neue Verfassung in Kraft, die nun das Oberland zu vollwertigen Eidgenossen machte.
Zu dieser Zeit hatte die industrielle Revolution mit ihren eigenen Problemen bereits ihre Spuren gezeichnet, wie es sich am zweiten Ustertag 1832 beim Usterbrand zeigte.

Pius Bischofberger, Sept. 2025

Einzelnachweise

[1]Paul Kläui: Chronik Bezirk Hinwil. Verlag H.A. Bosch, Zürich 1944, Auszug Bezirk und Bäretswil S.23
[2]Peter Niederhäuser: Heimatspiegel, Monatsbeilage des ZO. 13.02.2024, Als Zürich den Sprung zum Stadtstaat schaffte
[3]Gustav Strickler: Geschichte der Herrschaft Grüningen. Orell Füssli 1908, Inhaltsverzeichnis
[4]Paul Kläui: Chronik Bezirk Hinwil. Verlag H.A. Bosch, Zürich 1944, Auszug Bezirk und Bäretswil S.13
[5]Wikipedia. Abruf 30.9.2025, Belagerung von Grüningen (1440)
[6]Otto Sigg: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS) 16.03.2006, Grüningerhandel
[7]Paul Kläui: Chronik Bezirk Hinwil. Verlag H.A. Bosch, Zürich 1944, Loskauf des Pfandes von der Stadt S.16
[8]Christian Brändli / Peter Niederäuser: Zürcher Oberländer. 24.4.2025, Als Bauern aus dem Oberland die Klöster stürmten
[9]Sophie Mauch: «Schiller» dampft mit Goethe über den Vierwaldstättersee. SRF 01.06.2025, Goethe sammelt Material für «Wilhelm Tell»
[10]Veronika Feller-Vest: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS) 9.1.2020, Gessler

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