Egli von Bäretswil

Egly, ein altgermanischer Personenname

Die Egli gehören zu den Urfamilien unserer Gemeinde. Wie die Stössel, Graf, Bosshart, Spörri oder Meier können wir sie in unserer Gegend bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Egli ist ein vom 7. bis ins 15. Jahrhundert im alemannischen Raum beliebter Vorname. Mit dem Egli-Fisch hat der heutige Familienname allerdings nichts zu tun. Demgemäss beruht auch das Wappen der Egli von Zürich und Alt Sankt Johann mit drei silbernen Egli-Fischen auf blauem Grund auf einem historischen Irrtum.

Hingegen steckt in der Bezeichnung Egli ein anderes Tier, nämlich der Wolf. Der Name Egli ist die Kurzform von Egloff. Egloff stammt von Agilolf/Egilolf.[1] Agil bedeutet althochdeutsch Furcht und Schrecken. Die Endung -olf (wie bei Rud-olf oder Ad-olf) heisst Wolf.[2] Der gut germanische Name bedeutet demnach so viel wie Schreckwolf. In Bayern gab es im frühen Mittelalter das Herzoggeschlecht der Agilolfinger. Dessen Urvater war im 5. Jahrhundert der legendäre Agilolf. Der irische Missionar Columban begegnet im Jahr 612 in Norditalien dem Langobardenkönig Agilolf. Auch der berühmte erste gotische Bischof, Missionar und Bibelübersetzer im vierten Jahrhundert trägt den Namen Wulfila (Wölflein). Egloff, Eglauf, Egolf und die Kurzform Egli haben also dieselbe Wurzel und Bedeutung.Der Wolf kommt übrigens in vielen anderen altdeutschen Namen vor – vielleicht deshalb, weil der germanische Gott Wodan von zwei Wölfen begleitet wurde. Der Wolf erregt zwar Angst, auf der anderen Seite ist er zugleich ein Tier, das Eindruck erweckt. Das Lebens-Element der Völkerwanderungs-Germanen ist der Kampf. Demgemäss sind auch viele Personennamen durch den Kampf geprägt. Der Gründervater von Bäretswil zum Beispiel hiess Perolt (der mit Bärenkräften Waltende); der Gründungschef von Isikon trug den Namen Isengrimm (Mann mit eiserner Maske). Selbst den Mädchen gab man im frühen Mittelalter kriegerische Namen: Gertrud zum Beispiel bedeutet: vertraut mit dem Speer; Mechthild wiederum heisst: Macht und Kampf liebend.

Erst jenseits des Millenniums kommen vermehrt neutestamentliche Namen wie Petrus, Johannes oder Elisabeth in Mode.[3] Auch Namen berühmter Heiliger wie Ulrich oder Anna setzen sich durch.

Von Egli zu unterscheiden ist Eggli, d. h. der beim Eggli, bei der Ecke (Vorsprung) Wohnende, so etwa «Johann am Eggeli» 1502 in Appenzell.

Auf Eggli geht Eglisberg bei Sursee zurück. Der Ort heisst 1331 Eggelisberg, 1220 Eklisperk. Egliswil im Bezirk Lenzburg hat wieder eine andere Wurzel: 1220 Egliswile, 924 Egirichiswilare. Eglisau schliesslich verdankt seinen Namen dem benachbarten Seglingen (Seglings-Au).

Der Familienname Egli begegnet in alter Zeit in den Kantonen Aargau, Baselland, Bern, Glarus, Luzern, St. Gallen, Solothurn, Thurgau und Zürich. Teilweise, etwa im Baselbiet, wurde er aus Eggli/Ecklin gebildet.

Egli im Zürcher Oberland

Für den Kanton Zürich wird 1244 in Winterthur ein Cuonradus Eglinus von Konstanz genannt. 1331 wohnt ein Heinrich Egli im Hof ze Höri, 1344 ein Ruedi Egli ze Winterberg, 1388 erscheint ein Heinrich Egli als Zeuge in Zürich, 1407 steht im Zürcher Niederdorf ein Eglihaus.

1430 begegnet der Name Egli in Gossau.1434 erscheint Cuoni Egli ab Ottschwand (Bauma) als Zeuge eines Streites zwischen zwei Baumer Bauern, die auf dem Kirchweg im Bussental mit Messern aufeinander losgegangen sind[4].

1422-1424 wohnt Egly Cüntzli auf der Bettschwändi ob Gibswil. Der Name Egly wird hier noch als Vorname verwendet. Der Mann figuriert 1427 auch als Bürge bei der Verleihung des Fischenthaler Widums. Er gehört somit zu den Wohlhabenden der Gegend[5].

Die Steuerbücher der Jahre 1469/70 kennen den reichen Egly Cüntzly zu Wald. Er ist vermutlich der Sohn des Vorgenannten. Er bezahlt die hohe Vermögenssteuer von über 6 Pfund, hat also ein Vermögen von 2‘400 Pfund. (Das Durchschnittsvermögen eines Oberländer Bauern lag damals bei ca. 200 Pfund; 100 Pfund galten als das Minimum zum Führen eines Hofes. Die reichsten Walder mit ihren grossen Sennhöfen und Pilgergaststätten brachten es auf bis zu 5‘000 Pfund und konnten sich mit einem Zürcher Bürgermeister messen).

Egli von Kleinbäretswil, Fehrenwaltsberg und Bäretswil

1451 wohnt in Kleinbäretswil Heiny Egly, der als Leibeigener des Ritterhauses Bubikon dem Haus Landenberg übergeben wird: Hug von Altlandenberg tauscht mit dem Haus Bubikon Heiny Egly von Kleinbäretswil gegen Hans Kauff von Affeltrangen.[6]

Im Steuerbuch von 1469 werden genannt:

Hans Egly
sin muoter
Heiny, sin bruoder
Uely, sin bruoder
Greth, sin swester
Aelly, sin swester

Die Familie verfügt 1470 über ein hübsches Vermögen von 300 Pfund. Bei den Obgenannten und den zwei Schwestern ist Egly bereits Familienname. Über den genaueren Wohnsitz machen die Steuerbücher für Bäretswil keine Angaben. Erst der Reisrodel von Marignano (1515) und die Urbarien von 1541 und 1548 geben uns weitere Auskunft.

1515 zieht Hans Egli von Kleinbäretswil mit anderen Bäretswilern in die blutige Schlacht nach Italien.[7]

Das Bäretswiler Pfrundurbar von 1541[8], das Zehntenbuch von 1548[9] und das Pfarrbuch ab 1590[10] melden für den Berg die folgenden Namen:

A) Chli Bäretswil:    1541: Benedict und Uly, die Eglinen

Ab 1590: Hans, Hansen Sohn, Täufer
Hans, Ulys Sohn, Täufer
Heinrich, Ulys Sohn, Täufer
Klein Uli, Ulys Sohn
Jaggli, Ulys Sohn, Täufer
Baschli, Ulys Sohn (geb.1582) -> aufs Ghöch

B) Fehrenwaltsberg:     1541: Hans Egly us dem Lee

1553: Hans und Jörg Egli im neuen Doppelhaus
1590: Hans I., des Gallus Sohn
Hans II., Sohn des Jörg, genannt Handbueb[11], der Schuhmacher
Jörg (Georg)
Marx
Jacob

C) Bäretswil, auf der Staldenmühle[12] (ab 1548)

Baschion (Sebastian) Egli, vh. Annli Speck[13]
– 1560  Jakob, der Müller -> Wappenswil, Zürich usw.
– 1568 Ulrich,  genannt der Tönner, von Beruf Säumer, begründet mit Anna Schmid um 1600 im Oberdorf mit 13 Kindern den westlichen Kern des heutigen Flarzes ob der Brugg sowie den Bäretswiler Egli-Stamm.
– 1572 Grosshans (sein Stamm erliegt der Pest 1629)
– 1575 Kleinhans auf der Waswies  -> Stollen

Von 1548 bis nach 1590 lebt Baschion Egli als Müller auf der Bäretswiler Staldenmühle, die zuvor Oswald Zündel betrieben hat. Ursprünglich fehlt der Name Egli im Dorf. Baschion Egli-Speck, muss um 1548 (vermutl. von Kleinbäretswil)[14] auf die Mühle gezogen sein. Mit seinen vier Söhnen Jakob, Ulrich, Grosshans und Kleinhans, alle geboren zwischen 1560 und 1575, begründet er den Stamm der Bäretswiler Egli. Die Müller-Söhne verbreiten sich ab 1600 ins Oberdorf. Ulrich, der Säumer, begründet den Familienflarz im Oberdorf über dem Aabach; Kleinhans zieht auf die Waswies. Da ihre Mutter, Annli Specker, eine Leibeigene von Fischingen ist, erhebt das Kloster 1570 in einem Vertrag mit dem Stand Zürich Anspruch auf alle Söhne und ihre Schwestern Andli und Elsbetha[15].

Hans Egli, 1634 der Schmid im jungen Dorf Bauma und warmer Befürworter des dortigen Kirchenbaus, ist ein Enkel des Bäretswiler Müllers Baschion Egli und ein Sohn des Säumers Ulrich Egli im Oberdorf.

Die Egli auf dem Berg im 16. Jahrhundert

Die Egli von Kleinbäretswil haben schon vor 1541 den Zehnten von einem Teil ihres Landes von den reichen Kunz (Gde. Wald) freigekauft. Wenn auch lange nicht so reich wie diese, gehören sie doch zu den hablicheren Leuten. Der Täufer Kleinhans Egli hinterlässt 1628 nach Abzug der Schulden noch das hohe Vermögen von 3‘000 Gulden.

«Chloster» in Kleinbäretswil

Die Höfe Fehrenwaltsberg und Kleinbäretswil gehören seit dem Hochmittelalter (um 1200) zur Kirchgemeinde Bäretswil und zur Herrschaft Greifenberg. Zürcher Gerichtsurteile von 1466 und 1558 aufgrund vorgelegter alter Dokumente bestätigen diese Tatsache. In frühester Zeit hat Kleinbäretswil eine eigene Kirche, was aus den Flurnamen hervorgeht. Übrigens ist das Grossmünster bereits im Jahr 1150 hier oben – wie auch in Allenwil und Bäretswil – begütert. Im 15. und 16. Jahrhundert gehört im Umkreis von Wald-Kleinbäretswil und Fehrenwaltsberg-Steg ein minderer Teil der Güter und Leute dem Kloster Schänis (hörige Gotteshausleute). An die für dieses Kloster gesammelten Abgaben erinnert wahrscheinlich noch der Name „im Chloschter“, der bis heute am Flarz im Dörfchen Kleinbäretswil haftet (Wohnung Albert Egli, Seckelmeisters)[16].

Die Nachkommenschaft des Kleinbäretswilers Ulrich Egli (* ca. 1530)

– Heinrich:         -> nach 1600 Sädel und Lusteren
– Klein Uli:         -> Hütten u. Fehrenwaltsberg
– Jaggli:             -> Kl. Bäretswil, die Linie zu den Seckelmeistern in Kl. Bäretswil
– Baschli:           -> ab ca. 1602/10 auf dem Ghöch. Von ihm hat der Baschlisgipfel seinen Namen.
                            Ein Ast davon -> Wirzwil – > Stockrüti -> Bauma -> Tann

Die Nachfahren ab dem Fehrenwaltsberg (um 1600)

– Handbueb           Fehrenwaltsberg, -> ab 19. Jh. Wald, Rüti, Winterthur, Wetzikon, Zürich
– Jörg:                     -> Rellsten und Laupetswil -> Aesch-Wappenswil

Täufer, Neutäufer, Anführer und Politiker

In den 1520er Jahren erlebt das Oberland im Unterschied zur Stadt eine Täufer-Reformation.[17] Führende Bauern wie die Vontobel und die Schaufelberger von Hinwil, die Pfenninger vom Girenbad, beide Müller von Hinwil und Dürnten, die führenden Bauern von Bäretswil sowie der steinreiche Schlachten-Haudegen und Wirt Ueli Kleger vom Steg engagieren sich für einen eigenen, von Zürich unabhängigen Kanton Egg. Im April 1525 stürmen 1200 Bauern die Klöster Rüti und Bubikon in der Hoffnung, mit dem Klosterschatz das Oberland wieder aus den Händen der verhassten Stadt herauszulösen. Auch der biblische Glaube nimmt einen sagenhaften Aufschwung. Führende Bauern sowie der Müller von Dürnten lesen der eigenen Bibel. Sie gehen für ihren Glauben ins Vogtei-Gefängnis nach Grüningen und plädieren für allgemeine Glaubens- und Gewissensfreiheit. Erst als sich nach einigen Jahren abzeichnet, dass die Unterländer Bauern den harten Kurs gegen Zürich nicht mittragen, beginnen auch die Grüninger Exponenten mit der Stadt zu kooperieren. Nur ein harter Kern gläubiger und freiheitlich denkender Menschen bleibt im Schutz der Oberländer Berge dem inzwischen verbotenen Täufertum treu. Von den 18 bekannten Täufer-Treffpunkten im Zürcher Oberland, sind die Strahlegg, Hinterburg und Kleinbäretswil die bedeutendsten. Die heimlichen Versammlungen der Täufer werden zur Untergrundkirche. Nur für die Pfarrherren und die Herren der Stadt sind die Täufer verwerfliche Menschen. In Tat und Wahrheit halten sie sich treu an die Bibel, sind arbeitsam und sympathisieren mit frühliberalen Ideen, die freilich erst viel später zum Durchbruch gelangen (Ustertag 1830). Doch das geheime Täufertum mit seinen freiheitlichen Ideen birgt für die damalige Zeit ein gefährliches Sprengpotenzial. Hätte es sich damals durchgesetzt, so hätte sich daraus – darin ist sich die Forschung einig – eine blutige Revolution bis hin zur Abschaffung der Zürcher Reformation ergeben. Die Täufer kamen mit ihren revolutionären Ideen (die sie aus dem Neuen Testament bezogen) 250 Jahre zu früh.

Wie die Peter auf der Strahlegg oder die Spörri in Hinterburg beherbergen auch Ulrich Eglis Söhne Hans, Jakob und Heinrich, dazu Kleinhans Egli, Sohn des Hans, im Dörfchen Kleinbäretswil eine Täufergemeinde im 16./17. Jahrhundert. Der alte Vater Ulrich Egli hält sich noch gemässigt zurück. Sein Sohn Hans wird in den 1590er Jahren als Wiedertäufer bezeichnet. Dessen Bruder Heinrich holt sich 1601 seine Frau Susanna Leutenegger beim täuferischen Müller im thurgauischen Horn. Jakob (Jaggli), der dritte Sohn von Ulrich, heiratet 1610 Elisabeth Leutenegger aus demselben täuferischen Haus. Jaggli gilt – neben dem Ediker Müller und «Redliführer» – als täuferischer Lehrer. Kleinhans Egli, Hansen Sohn, schliesslich ist mit Elisabeth Bachmann von Ringwil verheiratet und hat einen eigenen Senn; Kleinhans gilt als besonders «kybiger und hartnäckiger» Wiedertäufer, bleibt aber schliesslich kinderlos und hinterlässt 1628 ein sagenhaftes Vermögen von 3’000 Gulden, das der Staat zunächst konfisziert[18]. Als die Häscher des Landvogts auf dem Berg erscheinen, empfängt sie Jakob Pfister, der Knecht von Kleinhans, nicht nur mit starken Drohworten, sondern auch mit Axt und Rechen, und es entsteht ein gewaltiger Lärm[19].

Eine Generation später ehelicht Heinrich Egli am 1. Dezember 1629 (nach der Pest) Barbara Peter aus der Täuferfamilie auf der Strahlegg.

1644 stirbt im Dörfchen der Täuferlehrer Jakob (Jaggli) Egli-Lütenegger, der während langer Wochen auf eigene Kosten im Zürcher Gefängnis Oetenbach gesessen hat[20].

Die Familie der Seckelmeister Egli um 1800

Um 1770 amtet der Kleinbäretswiler Heinrich Egli als Schul- und Seckelmeister[21]. Sein gleichnamiger Sohn wird ebenfalls «Seckelmeister» sowie «Pfleger» (Gutsverwalter) der Kirchgemeinde. Der Zuname «Seckelmeister» überträgt sich im Volksmund in der Familie bis auf den bekannten Kleinbäretswiler Steuersekretär Albert Egli (1921-2013). Seckelmeister Heinrich Egli (1769-1839) ist seit 1790 verheiratet mit Anna Regula, der Tochter des hoch angesehenen Grüninger Landvogt-Weibels und Fischenthaler Gerichtspräsidenten Keller auf dem Oberhof. Ihre bis heute erhaltene Schlafzimmer-Aussteuer zeugt von der Wohlhabenheit und dem Sinn ihrer Familie für bodenständige und geschmackvolle Kultur.

Schlafzimmer von Anna und Heinrich Egli-Keller, Seckelmeisters, zu Kleinbäretswil aus dem Hochzeitsjahr 1790. Die stilvolle Aussteuer wurde der jungen Braut von ihrem Vater, dem Grüninger Weibel und Fischenthaler Gerichtspräsidenten Johannes Keller im Oberhof, in die Ehe mitgegeben. (Bild: Albert Egli).

Im April des Seuchenjahrs 1801 stirbt die junge Hausfrau Anna Egli-Keller im blühenden Alter von 30 Jahren nur wenige Tage nach dem Tod ihres Töchterchens, ihres Schwagers und ihres Schwiegervaters aus gleichem Haus an der roten Ruhr.

Auf einem Tableau in schöner Zierschrift malt alt Lehrer Ryser ab der Strahlegg dem hinterbliebenen Seckelmeister Heinrich Egli ein berührendes Portrait. Das Dokument vermittelt Einblicke in die Art und Weise, wie die Gemeinschaft der Menschen vor 220 Jahren ihr schweres Leid ertrugen.

«Verzeichnis von wohlehrende Seckelmeister und Pfleger zu Klein-Bärentschweil, von seinen Seligen und nunmehro in Gott ruhenden Fründen, die der Liebe Gott aus dieser kurzen Zeit in die Selige Ewigkeit abgerufen hat: Nämlich ein Töchterchen, 2. ein Bruder (des Seckelmeisters), 3. der Vater, 4. die Frau, 5. Ein Söhnein. Jahr, da man zählt 1801.»

Das zeitgenössische Tableau berichtet in schöner Zierschrift über das Sterben der Hausfrau und Mutter Anna Egli-Keller in Kleinbäretswil und ihrer Familien-Angehörigen im April 1801. Der Verfasser dieses wertvollen Zeitdokuments ist Johannes Ryser, alt Schulmeister auf der Strahlegg. Ryser schreibt das eindrückliche Dokument auf Wunsch des hinterlassenen Witwers Heinrich Egli am 24. Januar 1805.

Sontag nachmittags, den 19ten Tag Aberell 1801, wurde die Frau Anna Rägula mit einer sehr starken Krankheit und Hitze überfallen, und mit einem harten Stich. Ja es hatte gedauert bis Donstags um 11 Uhr. Also hat sie gesagt, sie wolle Abscheid nehmen von den seinigen, von einem jeden. Ja sogar von ihren Drey Söhndleinen (Hans Jacob, Heinrich und Johannes), und hat es auch gethan, und hat gesagt, sie müsse jetzt sterben. Sie hat oft und vill gebätten: Vatter in deine Händ, befehle ich meinen Geist, O Jesu, nimm meinen Geist und meine Seele hinauf zu dir. Sie hatte auch den Verstand gehabt, bis an ihr letztes Ende. Die letzten Worte, die sie noch gesprochen hat, sagte sie, man müsse leiden, und dann sterben. Und also (ist sie) im Herren Seliglich entschlafen, Freytags Morgens um 2 Uhr ward sie verscheiden. Sie hatte ihren Leichtentext selbst auserwählt, der also lautet: Selig sind die Todten, die im Herren Sterben. Ja, spricht der Geist, dass sie Ruhen werden von ihrer Arbeit. Sie lebte in ihrem Ehstand 10 Jahre und 6 Monet, und hatte Kinder erzeuget, 3 Söhndlein, und ein Töchterlein. Ihres Alters waren 30 Jahre und 6 Monet. Sie ward begraben, und ist zu ihrer seligen Ruhstatt, und Ruhbeth, begleitet worden, Sonntags, nach Mittags um 1 Uhr, den 26ten Tag Aberell, anno 1801. Ja es hatte ein jedes (der Verstorbenen) verlangt und begehrt, begraben zu werden, ganz vorn auf dem Kirchhof, zur rechten Hand, an der Maur. Da wurden sie alle begraben und zueinander in den Gottes Acker gelegt. Da werden sie dann dem Leib nach ruhen, bis an den Lieben Jüngsten Tag. Da wird ihnen dann Jesus zurufen: Kommet hervor aus euerem Grabe, Ihr meine Geliebten, und ererbet das Reich, welches euch bereyt ist, gehet ein, in die Freude eures Herren! Also wurden diese Frommen, gottseligen Personen, einanderen nachgefolgt und gestorben in einer gar kurzen Zeit, vom 12ten Aberellen an bis zum 26ten Aberellen, also in Vierzehen Tagen, sind sie einanderen nachgefolget in die Selige Ewigkeit, aus des alten, seligen Schulmeisters Haus zu Kleinbäretschweil…

Im Herbst des folgenden Jahres stirbt im Haus des Seckelmeisters noch ein Söhnchen. Und der Bericht fährt fort:
Also sind diese 5 Personen im Herren seliglich entschlafen. Dieses Söndlein hat seinen Abscheid genohmen und ist gestorben den 24ten Tag Weynmonet 1802, und ist zu seinem sanften Ruhbethlein begleitet worden Sontags nach Mittags um 1 Uhr, als den 26ten Tag Weymonet anno 1802.

Im Unterschied zur heutigen Zeit, die den Tod verdrängt und ausquartiert, blicken unsere Vorfahren Tod und Sterben im Licht des Evangeliums ins Gesicht und werden mächtig getröstet, wie der Bericht des Strahlegger Schulmeisters ausdrücklich festhält. Durch das Tableau, veranlasst durch Seckelmeister Heinrich, sollen er selbst und seine Nachkommen getröstet werden.[22]

Jakob Egli von Kleinbäretswil, Agent und Gemeinderatsschreiber

1798 wird Jacob Egli (1762-1833) von Klein Bäretswil «Agent» der neuen aufgeklärten Regierung. Dieser stammt zwar auch aus Kleinbäretswil[23], jedoch aus anderer Tradition. Sein Familienzweig wohnt in der Hütten, und Agent Egli ist aus anderem Holz geschnitzt als die Familie der Seckelmeister aus Jaggli Eglis Linie. Er wird Polizei- und Aufsichtsbeamter, Steuereintreiber und Erzieher der Gemeinde in Sinne der säkularen napoleonischen Ideologie. 1804 waltet er als Gemeinderatsschreiber. Weil er aber im Bockenkrieg von 1804 aktiv mitmischt und sogar 20 Gewehre an die Auszüger herausgibt, wird er mit Schimpf und Schande entlassen, für zwei Jahre von Haus und Gütern verbannt und für zwölf Jahre vom Aktivbürgerrecht ausgeschlossen[24].

Hs. Felix Egli ab dem Rellsten

Nach dem Fabrikbrand von Uster 1832 wird der Landwirt, Tüchler und Weber Hs. Felix Egli aus dem Rellsten – ein Nachfahr von Jörg auf Fehrenwaltsberg – als Hauptangeklagter wegen Brandstiftung im Betrag von Fr. 270’000.- zu 24 Jahren Ketten (statt der vom Staatsanwalt geforderten Todesstrafe) verurteilt, durch die neue konservative Regierung 1839 indessen wieder aus dem Gefängnis entlassen. Auch der «Rellsten Felix» interessiert sich sehr für die Bibel. Besonders im Winter liest er stundenlang im Buch der Offenbarung, den Graubereich zum Krankhaften überschreitend.

Jakob Egli ab dem Obis

Jakob Egli, ein Neffe von Rellsten-Felix, versammelt 1835 im Obis bei Bettswil eine grössere Gruppe von über 40 Neutäufern in seiner Webstube. Er lässt sich am 15. Dezember 1835 bei 1 Grad Celsius und auffrischenden Westwinden[25] mit vier Glaubensgenossen im kalten Obisbach wiedertaufen. Auch die beiden Töchter von Rellsten Felix halten sich zu dieser modernen Gemeinde, die sich indes nach wenigen Jahren auflöst.

Schuhmacher Robert Egli ab dem Fehrenwaltsberg

Im Jahr 1903 eröffnet Schuhmacher Robert Egli (1873-1953) an der Bahnhofstrasse in Bäretswil ein neues Schuhgeschäft. Sein Sohn Robert (1903-2000) und dessen Tochter führen das Geschäft weiter. Darüber hinaus betätigt sich Robert junior überaus aktiv am geselligen Leben des Dorfes. Als Präsident des Gewerbevereins (1964-1972) initiiert er zum Beispiel die «Bäretswiler Post». Er singt im Kirchen- und im Männerchor. Von früh bis spät ist er unterwegs für den Verkehrsverein, organisiert neue Wegwseiser und publiziert im «Freisinnigen» hübsche Wanderrouten. Auch der junge Skilift kann auf Robert Egli zählen. Als Gründungsmitglied führt er lange Jahre die Kasse; nach den vielen schönen Ski-Wochenenden, etwa in den 1960er Jahren, ist er es, der mit regelmässiger Treue die vielen verkauften Billette mit dem Stand der Kasse zu vergleichen hat – in Milizarbeit, versteht sich. 

Erst nach dem Millennium muss das Schuhhaus der unterirdischen Parkanlage der Gemeinde weichen. Alt Schuhmacher Robert Eglis zweiter Sohn Walter (1911-1957) lernt Bäcker und erwirbt 1936 das Adetswiler Freieck, das von Walter Egli junior und dessen Frau Piera bis in die 1990er Jahre im Schuss gehalten wird.

Die Linie von Schuhmacher Egli beginnt um 1600 mit Kly Hans Egli, Uelis Sohn, in Kleinbäretswil, und verpflanzt sich auf den Fehrenwaltsberg. Die Schusterei liegt dieser Familie gleichsam in den Genen. Schon der Urgrossvater von Robert Egli auf dem Fehrenwaltsberg übt sich in dem Metier. Im 20. Jahrhundert gibt es auf dem Berg immer wieder Sammelaktionen reparaturbedürftiger Schuhe für die Schusterwerkstatt Egli an der Bahnhofstrasse.

Die Verbreitung des Namens Egli im 19. Jahrhundert

Zwischen 1800 und 1875 leben in der Gemeinde Bäretswil Egli an den folgenden Orten: Bäretswil-Dorf, Oberdorf, Löhli (Schönau), Holenstein, Stockrüti, Maiwinkel, Rellsten, Lusteren, Wirzwil, Rüeggental, Tanne, Laupetswil, Rüetswil, Hofscheur, Bettswil, Obis, Fehrenwaltsberg, Sädel, Klein Bäretswil.

1994 meldet das Telefonbuch für Bäretswil 29 Einträge auf den Namen Egli. 2013 stirbt im hohen Alter von 92 Jahren «Seckelmeister» Albert Egli von Kleinbäretswil, Steuersekretär der Gemeinde Bäretswil. Der grosse Egli-Stammbaum, den Heinrich Wolfensberger auf dem Stollen fein säuberlich geschaffen hat, füllt vier grosse Plakate. Ein beachtlicher Teil der Zürcher Egli dürfte aus dieser Ecke stammen.

Albert Egli und Armin Sierszyn, Dez. 2023

Einzelnachweise

[1]Ahd. agi oder egi (gotisch agis) = Furcht, Schrecken..
[2]So auch bei Rudolf (Hrôd-wolf = Ruhmwolf) oder Adolf (Adal-olf = Edel-Wolf)..
[3]Vgl. X. Baumgartner, Namengebung im mittelalterlichen Zürich (1983) 72f.
[4]StAZ B VI (1434) 44f.
[5]StAZ A 142.1 Klosteramt Rüti.
[6]Die Steuerbücher der Jahre 1469/70 kennen den reichen Egly Cüntzly zu Wald. Er ist vermutlich der Sohn des Vorgenannten. Er bezahlt die hohe Vermögenssteuer von über 6 Pfund, hat also ein Vermögen von 2‘400 Pfund. (Das Durchschnittsvermögen eines Oberländer Bauern lag damals bei ca. 200 Pfund; 100 Pfund galten als das Minimum zum Führen eines Hofes. Die reichsten Walder mit ihren grossen Sennhöfen und Pilgergaststätten brachten es auf bis zu 5‘000 Pfund und konnten sich mit einem Zürcher Bürgermeister messen)..
[7]Vgl. StAZ sub A 30.2, Nr 82.
[8]KiGdeA Bäretswil IV A 4.
[9]StAZ F 2 c 7a.
[10]StAZ E III 10.
[11]Handbueb bedeutet Handlanger, Sennen-Gehilfe, Melker (Id 4,931).
[12]Der Name der Mühle leitet sich ab vom Staldenbach (regelmässig erwähnt seit 1429), dessen Name in jüngster Zeit irrtümlich in Mettlenbach umgenannt wurde..
[13]Der Name ist im 16. Jh. beheimatet im Raum Turbenthal sowie im Thurgau, urspr. Herkunft: Spöck b. Karlsruhe -> Spoecker, Specker, Speck..
[14]Des Dorfmüllers ältester Sohn Grosshans, geb. um 1560, wohnt mit seiner Familie 1609 in Kleinbäretswil und wird als Einheimischer gehandelt. Vgl. StAZ E III 10, Taufbuch Bäretswil sub 7.3.1609: «Herkunft Kleinbäretswil», obwohl er aus der Bäretswiler Mühle stammt..
[15]StATG, Akten Fischingen, C XII, S. 13.26..
[16]Armin Sierszyn: Fehrenwaltsberg und Klein Bäretswil. Bäretswil/Zürich 1981
[17]A. Sierszyn: Kirchentag2018.ch. 2018, Die Täuferbewegung im Zürcher Oberland
[18]Julius Studer: Die Geschichte der Kirchgemeinde Bäretswil. Zürich 1870, Digitalisat S. 78f
[19]Julius Studer: Die Geschichte der Kirchgemeinde Bäretswil. Zürich 1870, Digitalisat S. 78
[20]Eine Täuferrechnung aus dem Jahr 1640 berichtet über «Jaggli Eglis und Lisabetha Lütteneggerin» Hab und Gut. Vgl. STAZ F III 36 b. 3533.
[21]Der Name Seckelmeister leitet sich her vom ahd. Wort Seckel (= Geldbeutel), das seinerseits auf lat. sacellus = Säcklein zurückgeht. Seckelmeister ist seit dem Spätmittelalter in Deutschland, Österreich und der Schweiz eine Bezeichnung für den Kassenwart öffentlicher Gelder. In Bäretswil war der Seckelmeister der Verwalter des Seckliguts (Armenguts) der Kirchgemeinde. Das Seckligut wird seit dem 17. Jahrhundert durch öffentliche Kirchen-Kollekten zugunsten der Armen gespiesen. Die Pflege der Armen bleibt in Bäretswil bis 1927 offiziell Sache der Kirchgemeinde..
[22]Dokument bei Albert Egli, Kleinbäretswil..
[23]Stammvater ist Kly Uely, Ulrichs Sohn, von Kleinbäretswil. Auch in diesem Zweig gibt es zwei Seckelmeister..
[24]Julius Studer: Die Geschichte der Kirchgemeinde Bäretswil. Zürich 1870, Digitalisat S. 107f
[25]Gemäss einer Mitteilung der Meteorologischen Zentralanstalt in Zürich. Vgl. A. Sierszyn, Neutäuferische Unruhen im Bachtel- und Allmanngebiet (1968, 2.A.1994)..

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