Das bis heute prominente Sigristenhaus wurde 1777 anstelle von zwei oder drei Flarzteilen im Unterdorf durch Sigrist und Kirchenpfleger Kaspar Walder (1718-1797) erbaut. An der Dachpfette prangt der Spruch: «Disser Bau hat lassen bauen Kaspar Walder Kirchenpfleger zu Bäretschweil. Baumeister Hs. Rudolf Dietliker von Balm. Aufgerichtet den 15. T(ag) Heumonat 1777. Der mütt Kernen galt in Zürich 6 Gulden 20 sl. Mit Gott diss hauss gebauen ist. Dem seys befohlen zu aller frist. Mein Eingang, Ausgang, Tach und Gmach Erhalt Herr Gott vor Ungemach. Wohn selbst bey uns Herr Zebaoth. Bschütz uns bschirm uns in der Noth». Kaspar Walder besitzt als Landwirt für die damalige Zeit noch beachtliche 24 Jucharten Acker, 24 Jucharten Weide und 12 Jucharten Wiese. Der Pfarrer vermerkt über ihn: «kann lesen, singen, schreiben». Als Kirchenpfleger (d. h. Gutsverwalter der Gemeinde) kann er aber auch rechnen. Jahr für Jahr schreibt er saubere, bis heute im Kirchenarchiv erhaltene Gemeinde-Rechnungen. Da er mit seinem Vermögen für die Finanzen der Gemeinde gradstehen muss, wird er von der Kirche auch fürstlich mit Korn und Barem entschädigt und kann sich einen für jene Zeit in unserem Dorf seltenen Repräsentationsbau mitten unter den Tätschdächern der Flarzhäuser leisten. Der bescheidene Flarzteil (mit den Schindel-Bünden vor dem Fensterwagen), der sich westlich an das neue Sigristen-Haus anschliesst, ist älter als dieses. Er ist der westlichste Teil des einst mehrteiligen alten Walder-Flarzes, den Kaspars Vater Hs. Jacob noch bewohnte, und der später von der Dachdeckerfamilie Schelldorfer erworben wurde. Walders Nachfahren bekleiden das Bäretswiler Sigristenamt ohne Unterbruch während mehr als ein Viertel-Jahrtausend bis auf Hans-Ueli und Regula Walder im Jahr 2010.
Die Wohnstätte am Staldenbach im Unterdorf, unweit der Kirche, gehört zu den ältesten Siedlungsplätzen in Bäretswil überhaupt. Der alte Walder-Flarz nimmt seinen Ursprung wahrscheinlich beim ersten und prominenten Vertreter der Familie, Ueli Walder aus Holzhausen, der – kaum in Bäretswil – nach der starken Zäsur der Pest (1629) im Einvernehmen des Landvogts und der Gemeinde zum Vogtweibel («Gemeindepräsident») erkoren wird.
Wahrscheinlich schon 1309, sicher aber von 1394 bis zur Pest sass das starke und begüterte Geschlecht der Hess am Staldenbach im Unterdorf. Wie die alte Bäretswiler Familie Graf auf der Gupf sind auch sie schon früh mit dem Kloster Rüti verbunden und stehen als Zeuge bei wichtigen Verträgen. Im 15. und 16. Jahrhundert bekleiden sie im Dorf wichtige Ämter wie den Vogtweibel, den Gutsverwalter, den Sigristen oder den Schulmeister. Auch die Dorfschmitte bei der Linden gehört schon 1515 einem Zweig ihrer Familie. Erst durch die furchtbare Pest werden die Hess im Unterdorf entscheidend geschwächt, wenn nicht gar ausgelöscht. Einzig in Rüetschwil sowie in Wappenswil lebt der Name weiter bis in die neuere Zeit.
A. Sierszyn, Okt. 2020