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Alter Bären, Sekundar Schullokal 1862-1878
Alter Bären, Sekundar Schullokal 1862-1878

1936-43 / Coop Jona [PAB.BAH1.047] - ADR - Geo(o) - Umgebung

Aus der Geschichte des «alten Bären»
Der «alte Bären» in der Gupf trug in seinem Gebälk die Jahreszahl 1504. Das ist genau das Jahr, in dem die Bäretswiler Bauern auch ihre neue (2.) Kirche vollendeten. Der Schluss liegt nahe, dass die Bäretswiler - wie 1827 – mit dem überschüssigen Baumaterial auch gleich noch ein eigenes Wirtshaus bauten, das im Dorf damals schmerzlich fehlte. Mit Erfolg wehrt sich nämlich schon 1437 Hans Wyss vom «Löwen» in Adetswil gegen eine Konkurrenz-Wirtschaft im Dorf Bäretswil. In der Zeit nach der Reformation gilt erst recht der politische Grundsatz: Eine Kirchgemeinde – ein Gasthaus». 1548 wird Rudolf Bosshart in der Gupf zwar als «Wirt zu Bäretswil» bezeichnet, doch 1553 lehnt die Regierung erneut ein öffentliches Gasthaus für Bäretswil ab. Rudolf Bosshart muss sich also mit dem Status einer geduldeten Winkelbeiz begnügen. Er darf also zum Beispiel keine Taufgesellschaften bedienen und von seiner Metzgerei keine Koteletten auftischen. Die folgenden Jahrzehnte mit steigender Bevölkerung bringen dann aber doch eine Änderung. Der junge Hs. Rudolf Bosshart erscheint ab 1591 als Dorfwirt, Metzger, Vogtweibel und Kirchenpfleger. Damit vereinigt er bedeutende öffentliche Ämter. Der gute Mann scheint über eine robuste Gesundheit zu verfügen. Mitten im Dorfgetümmel überlebt der Gealterte die schlimme Pest im Sommer 1629, die im Dorf 60-70% der Bevölkerung das Leben kostet. Mehr noch, am 3. August 1630 heiratet der 65-Jährige die 16-jährige Elisabeth Pfenninger aus dem Girenbad, die er offenbar noch geschwängert hat. Erst um 1640 segnet Bosshart das Zeitliche im damals hohen Alter von 75 Jahren.
Die Nachfolge übernimmt sein Neffe Hans Wild von Bettswil, der Bosshart in früheren Jahren als Knecht gedient hat. Wild, ursprünglich aus dem Gossauer Hanfgarten, hat nach der Pest die zurückgelassene blutjunge Bäuerin Bärbel Pfenninger von Bettswil geheiratet. Er scheint wie auch sein Bruder Christian auf der Hungerzelg recht vermögend zu sein. Seinen drei Söhnen verschafft er jedenfalls grosse Heimwesen in Vorderbettswil, auf dem Allenberg und im Hinterdorf.
Dennoch (oder deshalb?) verkauft er 1660 den Bären samt «Tavernenrecht und Gerechtigkeit gemäss Gryffenberger Hofrecht» an Jakob Brunner, der in der Folge als Vogtweibel und multipler Geldgeber in der Gemeinde auftritt.
100 Jahre später (1759) geht der «Bären» an Hs. Ulrich Schaufelberger, Vater und Sohn, von Hinwil.
1789 wird der auswärtige Johannes Wild neuer Bärenwirt, der sich mit 15 Gulden Einzugsgeld ins Bürgerrecht einkauft. Als sich die Gemeinde 1804 im Bockenkrieg verrennt und Seckelmeister Johann Wilds Wirtschaft als Aufmarsch-Nest für Soldaten mit Flinten brilliert, werden der Dorfwirt und sein Wirtshaus vollends in die stürmischen Kriegs-Wirren hineingezogen. Die Regierung entzieht Wild den Gasthof und das Wirte-Patent.
Neuer Bärenwirt ab 1805 ist Johann Wolfensberger ab dem grossen Bauernhof im Letten. Offenbar hat der alte «Bären» nach den Wirren der Revolution seine besten Tage gesehen. 1827 baut die Gemeinde den «Ochsen» als neues Gemeindehaus. Und 1834/35 pflanzt David Wolfensberger am Rand des Lindenplatzes einen «neuen Bären», der dann für mehr als 100 Jahre zum geselligen Zentrum des neuzeitlichen Dorfes aufsteigt. Der «alte Bären» dient im 20. Jahrhundert als Wohnhaus und «Arbeiter-Konsum» unter der Leitung von Herrn und Frau Strittmatter. 1960 wird das 456-jährige Traditionsgebäude abgebrochen und weicht einem zeitgemässen Coop-Laden.

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